Ich habe den Ioniq nun seit vier Wochen in meinem Besitz und mit ihm gute 2000 km zurückgelegt. Von diesen 2000 km waren 500 km Langstrecke auf der Autobahn, bedingt durch die Abholung des Autos vom Händler aus Aalen. Der Rest der zurückgelegten Strecke setzt sich zusammen aus Pendelfahrten zur Arbeitsstätte (15 km einfache Strecke, 75% Stadt, 25% Landstraße) und diversen Fahrten in der Region Hannover (immer weniger als 150 km, teilweise Autobahn).
Die äußeren Bedingungen
Die Temperaturen lagen meist um die 4-7°C, selten darüber. Meist herrschte Regenwetter. Die Innentemperatur ist fast durchgehend auf 21°C eingestellt. Sitz- und Lenkradheizung werden auch regelmäßig benutzt. Das Fahrzeug steht nachts in der Garage. Die Bereifung besteht aus den 16″ Originalfelgen mit Conti TS860 Winterreifen.
Versicherung
Hier ist Obacht geboten. Alle werben mit Elektromobilität, nur ganz wenige haben entsprechend auch ihre Bedingungen angepasst. Meistens werden die Bedingungen von Verbrennern 1:1 auch für Elektroautos übernommen. Wichtig: die Batterie muss in den AGB´s auftauchen. Sonst wird das eAuto wie jedes „normale“ Verbrennerauto behandelt. Und das heißt: Wenn z.B. der Blitz beim Laden in die Ladesäule einschlägt und die Batterie beschädigt wird, gibt es in diesem Fall nur 1500€ von der Versicherung. Das reicht möglicherweise, um beim Verbrenner ein beschädigtes Steuergerät abzudecken – beim eAuto reicht diese Summe im Falle einer beschädigten Batterie mit Sicherheit nicht. Ich habe hier die BavariaDirekt gewählt, die für zusätzlich 7€ im Jahr die Antriebsbatterie und -elektronik bis 20000€ versichert. Also: AGB´s studieren!
TIPP: Meist reicht hier schon ein durchsuchen des PDF´s nach den Stichwörtern „Batterie“, „Akku“ oder „Elektroauto“. So findet man schnell den gewünschten Passus in den AGB, wenn er denn existiert.
Fahrweise
Die meiste Zeit bewege ich den Ioniq bei Rekuperationsstufe 0, meistens im Normalmodus, oft aber auch im Sportmodus. Den ECO-Modus verwende ich eigentlich nie. Sowohl von der Fahrweise als auch von den Einstellungen her (Heizung, Elektronik) bewege ich den Ioniq nicht bewusst sparsam. Ich brauche bei den momentan herrschenden Aussentemperaturen von maximal 5°C mindestens 21°C Innentemperatur, Sitz- und Lenkradheizung.
Ich bewege den Ioniq eher so, wie ich intuitiv immer Auto gefahren bin. Also auch mal Überholmanöver, fixe Ampelstarts, Fahren bei offenem Fenster etc. Der Verbrauch liegt bei meinem Fahrprofil und meiner Fahrweise bei der aktuellen Wetterlage so zwischen 15 und 19 kwh pro 100km. Bei meiner täglichen Pendelstrecke ist das Einsparpotenzial nicht so groß, weil die Heizphase am Start beim Durchschnittsverbrauch auf der Kurzstrecke überproportional zu Buche schlägt. Vielleicht kann man das eine oder andere Kilowatt sparen, wenn man im Eco-Modus fährt und die Temperatur runterregelt. Dies ist keine Option für mich. Fahrspaß und Wohlfühlfaktor müssen für mich stimmen.
Langstrecke
Die ersten 500km waren meines Ioniqs waren die 500km Autobahn von Aalen nach Hannover auf der A7. Die Erfahrungen auf dieser Strecke habe ich ja schon an anderer Stelle beschrieben. Zusammengefasst kann man festhalten, dass es sich erfreulich unproblematisch darstellte. Ich denke aber, dass sich diese Erfahrungen mit der Zeit noch erweitern werden.
Privilegien
Privilegien gibt es – in Form der einmaligen BAFA Prämie in Höhe von 2000€ – und momentan noch durch diverse Anreize von Kommunen und Institutionen zur Förderung der Elektromobilität. Dies wird irgendwann sicherlich auch enden, im Moment aber kommt man durchaus in den Genuss einiger Vorteile:
– Freies Parken in der Innenstadt (Hannover) mit Parkscheibe
– Freies Parken an den Ladesäulen
– teilweise Gratisstrom (innenstadtnah: VGH am Schiffgraben)
Zum Besuch eines Heimspiels der alten Liebe (Hannover 96) kann ich also mein Auto am Aegi parken. Das Auto wird vom Pförtner bewacht und obendrauf kann ich es vollgeladen wieder abholen. Und das alles gratis.
Ladesituation
Vor dem Kauf bin ich davon ausgegangen, dass Fahrzeug in der heimischen Garage über Nacht vollzuladen. Von der BAFA-Prämie sollte eine Wallbox angeschafft werden um das Laden zu Hause komfortabler zu machen. So wie sich die Situation momentan darstellt, werde ich das erstmal nach hinten schieben.
Zumeist lade ich das Auto alle 3-4 Tage bei ca. 30% Restkapazität an einem nahegelegenen Schnelllader bis auf 94% auf, danach schaltet der Ioniq ja die Ladung ab. Dort ist das Laden (noch) gratis. So lange sich das nicht ändert, werde ich auch nicht zu Hause laden. Die fehlenden 6% Ladekapazität benötige ich nicht.
100% Ladung hatte ich sowieso nur einmal, und zwar bei Abholung des Kfz. Zum Zeitpunkt der Abholung aus Aalen waren die Ladesäulen an der Autobahn noch kostenlos. Zu keinem Zeitpunkt habe ich „Ladeangst“ verspürt und hatte auch nie die Befürchtung, ich erreiche mein Ziel nicht.
Die Kosten für das Laden belaufen sich auf den ersten 2000 km auf 0€. Ersparnis gegenüber Benziner mit 9l/100km Verbrauch bei 1.40€ pro Liter Benzin: 250€.
Fazit
HUI – Elektromobilität, jetzt wird alles anders. Stimmt einerseits, andererseits aber auch wieder nicht. Tatsächlich lässt sich ein eAuto im Alltag genauso bewegen wie jedes andere Auto auch. Eine große Umstellung ist nicht erforderlich. Das Fahren ist leise, komfortabel und entspannt. Und es macht Spaß, nicht zuletzt dadurch, dass man sehr agil unterwegs sein kann. Die Batteriekapazität (Reichweite) reicht für mich vollkommen. Selbst wenn es eine größere Batterie für den Ioniq geben würde – ich bräuchte sie einfach nicht. Und gegenüber meinem alten Verbrenner spare ich mindestens 200€ Betriebskosten jeden Monat (Benzin, Steuern).
Das Alles gilt für mein bisheriges Fahrprofil und die momentane Situation. Wenn Langstrecken hinzukommen, oder das Laden kostenpflichtig wird, gibt es möglicherweise ein differenziertes Fazit.
PRO
– Heizung heizt den Innenraum sehr schnell auf (weniger als 60 sec bei –3°C Außentemperatur)
– Temperaturautomatik funktioniert sehr gut und hält gut die Temperatur ohne das man nachregeln müsste.
– Agile Fahrweise möglich
– Keine Verbrauchskosten
– Gut funktionierendes Infotainment. Alle Minimalanforderungen meinerseits erfüllt.
– Schnellladefähigkeit > 50 kw
– Ledersitze sind angenehm und bequem. Weiches Leder, nicht zu kalt.
– Teilautonomes Fahren funktioniert sehr gut (hier kann ich allerdings keine Vergleiche zu anderen Systemen ziehen)
– Zuladung, Größe, Kofferraum (für mich) absolut ausreichend und praxistauglich.
– Viel Ablagen vorne, induktive Handy-Ladung, viele Steckdosen.
– Android-Auto mit Sprachsteuerung funktioniert bestens
– Freies Parken in der Innenstadt
CONTRA
– Keine (vollwertige) Anhängerkupplung verfügbar.
– Eine App zur Ladestandsüberwachung oder zur Steuerung von Heizung/Klimaanlage aus der Ferne fehlt (evNotify App leistet hier teilweise Ersatz)
– Keine Ambientebeleuchtung (zum Auffinden der Ablagen bei Dunkelheit)
– Audiosystem ist OK, aber kein Highlight.
– DAB ist eine Enttäuschung, da habe ich mir mehr von versprochen (Sendervielfalt, Klangqualität). Hat allerdings nichts speziell mit dem Ioniq zu tun und ist nicht fahrzeugspezifisch.
– Ladesteckdose am Fahrzeug ungünstig positioniert (führt an manchen Ladesäulen zu Problemen, wenn das Ladekabel zu kurz ist)
– Parksensoren etwas träge
– Alle 13 Sekunden Lenkrad-anfassen-Warnung ist zu kurz. 30 oder mehr Sekunden wären besser.
– Das mitgelieferte 20A Typ2 Ladekabel ist nicht toll. Konnte hiermit eine Ladesäule in der Innenstadt nicht nutzen.
– Haltegriff am Dachhimmel Fahrerseite fehlt
– Schalter für LKAS (Spurhalteassistent) ist etwas unglücklich positioniert (vom Lenkrad verdeckt)